14.12.2025 - "Den Weg bereiten" - Predigt zu Lukas 1,3-14 am 3. Advent (Pfarrer Stefan Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Wir hören das Predigtwort aus dem Lukasevangelium im 3. Kapitel, die Verse 1-14:

Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene,
als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.
Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja (Jes 40,3-5):
»Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen«.
Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?
Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater.
Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.
Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun?
Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso.
Es kamen auch die Zöllner, ums ich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun?
Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!
Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun?
Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!

 

Liebe Gemeinde,

sie sind da und hören gebannt auf den Täufer.
Johannes – ein irrer Typ in seiner merkwürdig alternativen Kleidung.

Er fesselt die Hörer,
Sie sind gekommen, lassen Sie lassen sich taufen und zeigen damit ihre Zustimmung.
Sie wissen also, worum es geht: Am Jordan, im Tempel, in den Synagogen.

Auch wir in den Kirchen kennen seine Botschaft, laut oder als innere Herzensstimme des Gewissens: Kehrt um!
Ja, er fesselt mich, dieser Täufer, und ich denke: Er hat Recht! Ja, es ist Zeit das sich was ändert!
Weg mit den Ungerechtigkeiten, weg mit Krieg und Gewalt, weg mit der Ausbeutung der Armen, weg mit der Unterdrückung der Schwachen!
„Kehrt um!“, ruft Johannes.
Wir wollen ja, aber wie?
„Was sollen wir denn tun?“

Ich stehe in der Menge und suche nach einem Weg;
einen Ausweg, wie wir der Botschaft der Liebe in dieser Welt Raum verschaffen können: Politiker mit Moral und Anstand, der Schutz der Würde jedes Menschen, Frieden und Gerechtigkeit für alle ohne Ausnahme ...
Ich träume von einer besseren Welt und werde von Johannes herausgerissen:
„Bereitet dem Herrn den Weg!“ ruft er.

Die Menge hört es - und wissen: Das sind nicht seine Worte.
Uralt sind sie, und jeder kennt sie.
In den Heiligen Schriften stehen sie.
Der Prophet Jesaja hat sie ausgerufen.
Eigentlich wussten sie sie schon – auch die Zöllner und Soldaten, die mit den Römern zusammenarbeiteten und viel Unrecht taten.
Und ja, auch wir kennen die alten Wahrheiten – und vergessen so leicht.
Vielleicht weil sie so alt sind.
Oder weil wir meinen, die neuen Wahrheiten seien besser.
Oder auch – weil sie zu bekannt sind: Jaja, kenn ich schon - ins eine Ohr rein und ins andere wieder raus.

 

Ich gehöre zu ihnen, ich gehöre mitten hinein in diese Menge, die da sucht und die wieder diese Worte hört:

„Bereitet dem Herrn den Weg!“
Nicht: bereitet einen Weg.
Sondern den Weg; also den Weg, der schon da ist; den Weg, den ihr schon kennt!
Es ist nicht euer Weg; es ist der Weg des Herrn.
Ich muss ihn nicht erst schaffen; muss keinen neuen Weg suchen, keinen neuen Ausweg.

Und mehr noch: ich muss ihn gar nicht gehen, diesen Weg; denn Gott geht ihn, kommt auf diesem Weg zu mir.
Der Herr kommt, kommt immer wieder, muss immer wieder kommen, weil wir so vergesslich sind.

Gott kommt auch noch heute.
Wir müssen ihn nur kommen lassen; ihm den Weg bereiten, also zulassen, dass seine Wahrheit bei mir, bei uns, ankommt.

Damals machten sich viele auf den Weg – verzweifelt, sehnsuchtsvoll – aus den Städten und Dörfern durch die Wüste hinunter ins Jordantal.
Ja, die eigenen Schritte sind nötig – den Schritt auf Gott zu, auf seine Wahrheit.
Anderes mal beiseitelegen.
Sich Zeit nehmen für Gott, sich Zeit lassen fürs Gebet.
Den Gedanken eine andere Ausrichtung geben lassen.
Sich anstoßen lassen von den alten Worten der Bibel.
Bereit werden für die Ankunft des Herrn.

 

Was Johannes dann redet, ist schwer zu ertragen, klingt überhaupt nicht adventlich oder weihnachtlich:
„Ihr Schlangenbrut!“ – meint er etwa mich auch?
Vom Gericht redet Johannes.
Es könnte einem Angst und Bange werden.
Denn mit Gericht meint Johannes nicht nur das Ende der Zeit, nicht erst in der Zukunft.
Das Gericht Gottes vollzieht sich schon immer auch hier und jetzt!
Johannes meint es sehr ernst.
Er redet hart – das kommt bei mir an.
Das ist gut.

„Jetzt“, sagt der Täufer Johannes.
„Jetzt ist die Zeit zur Umkehr“, sagt er.
Macht Euch bereit für Gottes Weg der Liebe, seines Friedens, seiner Gerechtigkeit.
Gott kommt zu euch!
Der Messias kommt!
Christus ist auf dem Weg zu dir.
Kehr um von deinen alten Wegen und mach den Weg frei für ihn!
Es ist dem Johannes ernst damit.
Der da kommt, das ist der ganz Andere.
Christus schenkt der Menschheit neue Maßstäbe: Liebe, Frieden, Gerechtigkeit.
Liebe, Frieden, Gerechtigkeit – so könnte die Menschheit überleben!
Gottes Macht ist in den Schwachen mächtig!

Der Täufer erhebt den Finger und zeigt von sich weg auf den hin, der kommt im Namen Gottes, ja der selbst Gott ist: Jesus von Nazareth, der der Christus ist.
Johannes ruft zu: Verlass deine alten Wege!
Verlass deine eingespurten Bahnen!
Wenn Christus kommt, reicht es nicht zu sagen: wir haben doch Abraham zum Vater; reicht es nicht für uns zu sagen: Wir sind doch schon Christen geworden.

Nicht, was ihr schon immer wart, sondern, was ihr heute und hier seid, ist entscheidend, sagt Johannes.
Christus will in eurem Alltag ankommen, jeden Tag eures Lebens – der alltägliche Advent!

Ich höre Johannes und ich stimme zu: Ja es muss sich was ändern; ich muss mich wieder ändern.
Vieles hat sich abgestumpft im Leben, auch in meinem Glauben.
Ich lebe neben Gott und den Menschen her – nicht mehr mit ihnen.
Ja, es ist Zeit, wieder was zu ändern, aber wie?

„Was sollen wir tun?“ höre ich mich mit der Menge am Jordan fragen.

 

Die Antwort lautet liebevoll einfach und scheinbar weltfremd zugleich: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat. Und wer zu essen hat, der tue ebenso.
Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist.
Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Lohn; seid dankbar und zufrieden, mit dem, was ihr habt.

So einfach ist das, was Johannes da sagt.
So schlicht und einfach sind diese Gedanken, und gleichzeitig ein tiefer Stachel in meinem Fleisch: Wenn so einfach ist, warum vergisst du es so oft?
So einleuchtend antwortet der Täufer, dass jeder sich die Antwort selber geben kann: Kehr um von deinen Wegen und den Wegen der Welt – und bleib auf den Wegen Gottes:
Tu das, was die Not in der Nähe wendet - so kann Liebe wachsen.
Geh maßvoll mit deinem Einfluss und deiner Verantwortung um – so kann der Friede wachsen.
Über alles achte die von Gott geschenkte Menschenwürde: Dein Mitmensch ist wertvoll wie du – so kann Gerechtigkeit wachsen.

Gottes Weg fängt in den kleinen Verhältnissen und Begebenheiten an.
Gottes Weg geht mitten in die Welt hinein.
Alle Menschen sollen den Heiland Gottes sehen und seine Macht spüren.

Martin Luther hat in einer Predigt zu unserem Text die Weise benannt, in der Jesu Weg recht bereitet wird.

Er sagt von Johannes und Jesus:

„Sie haben kein Schwert gebraucht, sie haben nur ihren Mund aufgetan. Jetzt haben wir statt der Irrwege die geradeste Straße. Wie heißt sie? Tut Buße, es kommt einer nach mir. So predigen auch wir: wer an Christus glaubt, der hat Vergebung der Sünden und ist ein Kind der Seligkeit ... Ich bleibe daheim in meinem Beruf, ich glaube an Christus, tu meinen Dienst und tue nichts zu meinem Heil, als dass ich glaube, dass ich auf Christus getauft bin.“
So schlicht und einfach – Glaube an Christus und tu das Gute!

 

Immer wieder wird ja behauptet: Man könne mit der Bergpredigt Jesu keine Politik machen.
Das Liebesgebot sei nicht durchsetzbar.
Wenn man das pauschal und plakativ behauptet, stimmt es sogar.
Liebe, Frieden und Gerechtigkeit sind tatsächlich zunächst keine politischen Größen.
Man kann sie nicht einfach per Dekret oder Gesetz verordnen.

Aber wenn es denn um einzelne Menschen geht, dort am Jordan, hier bei uns im Gottesdienst, in unserer Familie, in unserer Nachbarschaft, an unserem Arbeitsplatz, in der Schule, überall wo ich Menschen begegne - da ist die Liebe Gottes Gesetz.
Liebe, Frieden und Gerechtigkeit fangen in meiner persönlichen Haltung zu meinem Mitmenschen an.
Wenn ich es will, dann klappt es.
Liebe, Frieden und Gerechtigkeit fangen im kleinen Maßstab an, und haben gerade darin ihre Größe.
Wir Christen können unsere Gesinnung, unsere moralischen Überzeugungen - hineintragen in die Welt – wir können Christus den Weg ebnen.
Damit setzten wir glaubwürdige Zeichen für das Gute!
Liebe und Friede und Gerechtigkeit sind nicht zuerst große Worte – sie sind zu allererst kleine Taten der Menschenliebe.
Amen.

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.