22.08.2021 - "Baustelle Leben" - Predigt zu 1.Korinther 3,9-17 am 12. Sonntag nach Trinitatis (Pfr. Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Gemeinde,
bleibt Ihr auch manchmal an Baustellen stehen und schaut zu, was da alles so vor sich geht?

Ich finde, Baustellen sind einfach faszinierend.

Da gibt es so viele Aufgaben und wenn’s gut läuft, läuft alles nach Plan.

Die einen Arbeiter vermessen die Baugrube, die anderen sägen schon, mischen Mörtel oder mauern.

Da und dort dirigiert jemand einen Kran oder führt einen Bagger.

Jeder Einzelne trägt mit dem, was er tut, zugleich auch ein bisschen Verantwortung für das Ganze, was da gebaut wird.

 

Vielleicht haben ja den Apostel Paulus auch Baustellen fasziniert.

Mehrfach beschreibt er unser Leben im Glauben mit einem Bild vom Bauen.

Hören wir den Predigttext aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther im 3. Kapitel:

9Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.
10Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.
11Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
12Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh,
13so wird das Werk eines jeden offenbar werden.

Der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren.
Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.
14Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen.
15Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.
16Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
17Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.

 

Liebe Gemeinde,
Paulus ist ein christlicher Baumeister.
Er hat die Gemeinde von Korinth gegründet, aber offensichtlich gibt es da noch andere, die an dieser Gemeinde weiterbauen.

Da sind Paulus-Anhänger in der Gemeinde, aber auch Anhänger von Apollos und von anderen Missionaren und Gemeindeleiter.
Leider konkurrieren diese unterschiedliche Richtungen in der Gemeinde miteinander.

Sie streiten darüber, wer denn die Bauleitung hat.
Fast, wie wenn heute auf einer Baustelle die Maurer mit den Elektrikern streiten würden, wessen Baustelle es denn nun sei – als ob nur einer von den beiden Berufsgruppen dort arbeiten darf.

 

Da ist die Antwort des Paulus doch wirklich weise.
Er sagt: Darum geht es doch gar nicht, um all die Richtungen und Unterschiede in der Arbeitsweise!
Eure Gemeinde soll keine Paulus- und keine Apollos-Gemeinde sein -
sondern allein eine Christusgemeinde sollt ihr sein!
Wir sind alle Mitarbeiter Gottes.
Alle Getauften, die die frohe Botschaft von Jesus Christus verkündigen, bauen rechtmäßig an der Gemeinde.

 

Ich habe die Grundmauern gelegt, sagt Paulus, ich habe euch das erste Mal von Jesus erzählt, aber andere sollen darauf aufbauen, wie sie es für richtig halten.
Am Ende der Tage, wenn wir vor Gott stehen, werden wir sehen, was jede und jeder gebaut hat.
Nur Gott kann entscheiden, wessen Werk bestehen bleibt.
Aber eines ist sicher: Nur was auf Glauben gebaut ist, also im Vertrauen auf Gott und in Verantwortung vor ihm, das wird Bestand haben.
Denn Christus ist das Fundament von allem, was wir bauen.
So hören wir es vom weisen Baumeister Paulus.

 

Und – wieder sehe ich versonnen am Bauzaun stehen und die Baustelle beobachten …

Doch höre ich den Ruf des Paulus: Lieber Stefan dort am Bauzaun, komm und bau mit!

 

Komm, und bau mit!

Paulus fordert uns alle auf, als Christinnen und Christen verantwortlich mitzubauen.
Und ja, freilich: Bildlich gesprochen ist unser Leben doch eine große Baustelle.
Da gibt es immer was zu tun: Neues errichten; Altes erneuern, Zukunft bauen, entrümpeln, usw. usf.

Und unser Leben braucht – wie jeder Bau – ein Fundament, auf dem unser Lebenshaus sicher steht.

 

Eben noch standen wir unbeteiligt am Bauzaun, und jetzt haben wir schon eine Schaufel in der Hand.
Aber wie sollen wir denn bauen?
Und wo sollen wir anfangen?

 

Naja - am besten dort, wo wir geradestehen.
Wo stehst du denn gerade in deinem Leben, was hält dich, was trägt dich?
Vielleicht ist es die Familie und die Partnerschaft?
Willst oder musst du daran bauen?

 

Auf diesem Teil der Baustelle gibt’s ja immer viel zu tun: Wir wollen nicht gerne alleine bleiben.
Ein Partner, eine Partnerin muss erst gesucht und gefunden werden.
Kinder wollen aufgezogen werden, ihr Lachen soll unser Haus erfüllen.
Freundschaften, Ehe und Familie brauchen Pflege genau wie ein Haus:

Liebevoll und gewissenhaft will ich daran bauen; aufbauen, ausbauen und anbauen, damit alle zusammen unter einem Dach wachsen können, bis zu den Enkel- und vielleicht Urenkelkindern.
Nach und nach werden alle Räume mit gemeinsamen Erinnerungen gefüllt.
Das macht Arbeit und vor allem Freude.

 

Aber was ist, wenn uns dann einmal der Staub, der auf der Baustelle aufgewirbelt wird, zu viel wird?
Und die Luft zu Hause dick geworden ist?
Wenn im Haus das eine über dem anderen liegt und das, was ich suche und liebe, schon ganz verdeckt ist?
Und was ist, wenn auch das Entrümpeln und der Großputz dagegen nicht mehr helfen?
Genau wie in einem Haus gibt es auch in einer Beziehung und in einer Familie Kratzer, Risse und angeschlagene Ecken.
Dinge, die überdeckt werden und verloren gehen.
Und manchmal können diese Schäden nicht mehr gutgemacht werden: Die Risse treten immer weiter auseinander.
Schlimmstenfalls geht die Beziehung in die Brüche.
Der Riss in der Familie ist so tief, dass sie nicht mehr weiter unter einem Dach leben kann.
Die Mauern, die mir so viel Halt und Geborgenheit gegeben haben, auch diese Mauern können wanken.
Und was ist dann?
Dann bin ich alleine.
Dann bin ich enttäuscht.
Wenn das Familienhaus bricht, dann stürzt vieles zusammen, und der Boden unter mir fängt an zu zittern.

 

Aber wenn ich mein Haus auf einen festen Grund gestellt habe, dann trägt mich dieser Grund dennoch weiter.
Paulus sagt ja: Ihr seid Gottes Bau.
Im Glauben gibt es einen, der zu mir hält.
Im Glauben gibt es einen, der mit uns Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern mitgeht; einen, der mitbaut: Gott wird mich tragen und halten, wenn mir Streit und Einsamkeit zu viel geworden sind.
Im Glauben bin finde ich einen festen Stand.
Auf Gott kann ich mich stützen, ausruhen und neue Hoffnung schöpfen, gemeinsam eine neue Lebensbauphase beginnen.

 

Aber da gibt es doch noch andere Dinge auf der Baustelle des Lebens.
Unser Beruf zum Beispiel.

Natürlich ist er wichtig.

Sonst könnten wir unsere Rechnungen nicht bezahlten.

Beruf hat mit Berufung zu tun.

Mein Beruf gibt mir nicht nur materielle Sicherheit und Möglichkeit – er ist hoffentlich auch sinnstiftend.

Wenn ich im Beruf Erfolg habe, dann bin ich wer;  bekomme Bestätigung.

 

Aber was hilft mir die Arbeit, was hilft mir das Geld, wenn ich dann auf einmal weg bin?
Ausgepowert und krank oder wegrationalisiert oder einfach nur der Ruhestand?
Dieser Teil meines Lebenshauses ist besonderer Baufall.

Denn er braucht meine Leistung.

Sonst kann er wie ein Kartenhaus zusammenfallen.

Alles stürzt zusammen wie ein Kartenhaus.
Ich muss aufhören!
Ich werde nicht mehr gebraucht.

Mein Lebenswerk zerstört.

Was soll ich tun?

 

Was ist dann?
Habe ich dann den Grund unter meinen Füßen verloren?

Nein.
Es gibt einen festen Grund, der bleibt.
Wer glaubt und wer getauft ist, wird nie den Grund unter den Füßen verlieren können.
Weil Gott selber der feste Grund ist, und weil er selber an meinem Leben mitbaut.
Gott gibt mir die Sicherheit und die Bestätigung, nach der ich mich sehne, die auch brauche.

 

In der Taufe hat Gott ein für alle Mal „Ja“ zu uns gesagt.
Das heißt nicht einfach nur: „Schön, dass du auf der Welt bist.“
Das ist vielmehr eine Zusage auf ewig: Gott will uns und unser ganzes Leben tragen; in guten wie in bösen Tagen, wie man sagt.
Vom Anfang – als er uns im Mutterleib geschaffen hat – uns Leben lang bis zu unserem letzten Atemzug – und darüber hinaus!

 

Er will mit mir weiter bauen, auch wenn ich mich schon selber aufgegeben habe.

Denn bei Gott bin ich nicht bin ich weniger wert, nur weil ich krank bin, Schmerzen habe und vieles nicht mehr so machen kann wie früher.
Bei Gott habe ich nicht verloren, wenn Teile meines Lebenshauses ins Wanken geraten, oder gar einstürzen.

Gott ist da, der neu aufbauen hilft.

Es ist Gott, der unser Leben zu seinem Ziel bringt.

Er gibt unserem Leben Sinn, er baut es zu Ende, wenn unsere Kräfte schwinden.

 

Wenn Christus das Fundament unseres Lebens ist, dann können wir auch die schlimmsten Krisen unseres Lebens überstehen!

Ja, selbst den Tod brauchen wir nicht mehr zu fürchten!

 

So lasst uns getrost weiterbauen an unserem Leben im Vertrauen, dass der große Baumeister unseren Lebensplan kennt!

Lasst uns weiter mit Gott bauen, der uns das kostbarste Baumaterial schenkt: sein bedingungsloses Ja zu dir und mir!
Sein Ja zu unseren Familien, zu unserer Arbeit, zu unserem Leben.

Gott lässt sich uns nicht allein auf unserer Baustelle des Lebens.

Wir bauen auf ihn und er baut auf uns!

Amen.

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.