01.11.2020 - "Ihr seid dran!" Predigt zu Matthäus 10, 26b-33 am 21. Sonntag nach Trinitatis (Pfr. Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wir hören das Predigtwort aus dem Matthäusevangelium im 10. Kapitel.

Ich lese die Verse 26b bis 33.

(26b) Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird.
(27) Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das predigt auf den Dächern.
(28) Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.
(29) Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen?
Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater.
(30) Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt.
(31) Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge.
(32) Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.
(33) Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

„Ihr seid dran!“ - sagt Jesus.

„Nun wird es ernst...“, durchzuckt es uns vielleicht.

Jetzt seid ihr dran!

Macht euch auf den Weg!

Breitet meine Botschaft aus!

Vor euch liegt eure Heimat.

Dort, wo Ihr herkommt, seid ihr jetzt gefordert.

„Ihr seid dran!“.

Jesus bereitet seine Jünger darauf vor, zu den Menschen zu gehen und den Glauben weiterzutragen.

Er hält eine „Aussendungsrede“.

Jesus schwört sie auf die große Aufgabe ein.

Er macht ihnen Mut, denn es wird nicht einfach werden auf dieser Mission.

Sie werden auf Widerstand stoßen.

Wie geht es uns mit dieser Aussendungsrede?

Erschrocken?

Oder distanziert, nach dem Motto: Hört sich gut an, was Jesus da sagt – aber ich war ja nicht dabei.

Jetzt seid Ihr dran!

Wir hören diese Geschichte heute - und Jesus spricht uns heute an: Jetzt seid ihr dran.

Ich brauche euch!

Euch Leute und Kirchgänger hier in Zedtwitz/Hof.

Ich brauche euch, damit meine Mission weiter geht,
damit mein Wort weitergetragen wird,
damit meine Botschaft nicht in eurer schönen Kirche verhallt.

Tragt Euren Glauben, Eure Hoffnung, Eure Liebe hinaus in Euer Dorf / in Eure Stadt!

Ich brauche euch!

Ich denke, nicht alle unter uns heute werden davon begeistert sein.

Fragen – Zweifel – Distanz:

Meint er mich?

Schaff ich das?

Bin dazu überhaupt fähig?

Kurze Antwort mit schönem Gruß von Gott: „Ja“!

Ja, er meint Dich, denn Du bist als Christin, als Christ würdig für diese Aufgabe.

Ja, der Höchste, der König aller Könige, der Herr aller Herren, braucht Dich!

Ja, der Schöpfer des Himmels und der Erde braucht Dich um sein Werk zu vollenden.

Gottes Reich in dieser Welt wird nicht ohne Dich gebaut.

Gott braucht jeden von uns!

Welch ein Ehre!

Mitarbeiterin und Mitarbeiter Jesu zu sein ist ein echtes Ehrenamt!

Vielleicht denkst Du ja: ich stehe doch gar nicht auf der Gehaltsliste der Kirche.

Ich bin doch gar kein Mitarbeiter in der Kirchengemeinde.

Ich bin doch nur ein ganz normaler Mensch, der getauft und konfirmiert worden ist; nur ein Gottesdienstbesucher.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wegducken gilt heute nicht!

Wir alle sind von Jesus für würdig befunden in Gottes Reich mitzuarbeiten.

Die Weitergabe unseres Glaubens geht uns alle an.

Das ist ein wichtiges Kennzeichen der Kirche, gerade von uns Evangelischen: das Priestertum aller Getauften.

Martin Luther hat das so formuliert:

„Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei.“

Durch die Taufe sind wir alle zum Priester, Bischof, Papst geweiht! Wow!

Wir alle können, wir alle dürfen – ja, und wir alle sollen von dem Reden, was uns mit Gott verbindet.

Von dem erzählen, der unser Leben stark macht.

Ich muss gestehen, dass es mich das immer wieder berührt: Gott ruft Menschen in seine Mitarbeit, längst bevor klar ist, welche Gaben und Fähigkeiten sie haben.

Wenn wir Mitarbeiter suchen, dann fragen wir oft: Wer kann gut singen? Oder ein Instrument spielen? Wer kann gut organisieren, gut reden oder argumentieren? Wer ist zuverlässig?

Gott fragt nicht so.

Gott fragt anders: Lässt Du dir meine Liebe gefallen?

Lässt du dir meine Vergebung gefallen?

Lässt du dir meine Treue gefallen?

Wenn du das erfüllst, dann kannst Du’s schaffen!

Dann kannst Du anderen bezeugen, dass Gott die Kraftquelle Deines Lebens ist – vielleicht sogar andere überzeugen; ich helfe Dir dabei – fürchte dich nicht!

Das braucht Vorbereitung, aber keine großspurige Qualifikation mit Examen, Ordination usw.!

So sehr Martin Luther geliebt hat, Priester und Theologieprofessor zu sein – auf Titel kommt es im Grunde nicht an!

Jeder von uns ist würdig, das Evangelium auszubreiten.

Also, lasst uns erzählen von dem, was uns lebenswichtig ist!

Gott ist uns wichtig.

Seine Liebe zu uns ist uns wichtig.

Und seine Liebe an unsere Mitmenschen weiterzugeben ist uns wichtig.

Auf dieses Lebenszeugnis kommt es an in einer Welt, die gefühlt immer kälter und egoistischer wird – und damit auch liebloser.

Sie braucht unsere geschwisterliche Liebe, unser Engagement für die Schöpfung und für die Gerechtigkeit.

Lasst uns den Mund aufmachen und Stellung beziehen, nicht verurteilend, nicht verdammend, nicht abkanzelnd, nicht unbarmherzig.

Sondern glaubwürdig.

Weil wir von dem erzählen, was und wer wir sind,
von dem der uns Herzen, Mund und Hände füllt.

Von dem weitersagen, was wir von Jesus Christus glauben, was uns das Vertrauen auf ihn bedeutet,

wer uns Grund zum Danken und zum Loben gibt, und wer unsere Adresse ist, wenn wir etwas zu klagen haben.

In der Schlosskirche von Wittenberg hängt ein Bild, das Martin Luther zeigt, wie er auf der Kanzel steht und auf den Gekreuzigten zeigt.

Das ist der ganze Inhalt der Reformation: dass einer seinen Finger gehoben hat und gesagt hat „An diesem Jesus hänge ich mit meinem Leben.“

Das ist Luther in einer stillen Stunde aufgegangen und das hat er dann so laut weiter gesagt, dass es eine ganze Welt bis in ihre Grundfesten erschüttert hat.

Und Reformation feiern heißt in meinen Augen nichts anderes, als dass wir alle das immer wieder neu lernen: den Finger zu heben und zu zeigen: Dieser Jesus Christus ist es, an dem ich hänge!

Nun geht es uns vermutlich wie den Jüngern damals auch: Das ist viel verlangt. Die Angst der Überforderung.

Vom eigenen Glauben erzählen - das lässt mein Herz schneller - nicht unbedingt höher - schlagen und die Hände feucht werden.

Weil Jesus das weiß, sagt er es gleich dreimal:

Fürchtet euch nicht!

Weil Jesus weiß, wie tief uns die Furcht im Nacken sitzt, wenn wir uns exponieren sollen, wenn wir Stellung beziehen sollen, wenn wir heraustreten sollen aus den Reihen der schweigenden Mehrheiten oder Minderheiten  - weil er das weiß, darum sagt er es uns:

Fürchtet euch nicht - ich bin bei euch!

Jesus weiß, wie sehr die Furcht in unseren Herzen festsitzt - vor den Blamagen, vor dem Gelächter, vor dem Geschnittenwerden.

Es ist nicht so ganz leicht, sich einzumischen, wenn über den Glauben gelästert wird.

Wenn über die Kirche geschimpft wird – auch wenn‘ manchmal zurecht geschieht, weil es bei uns Kirchens viel zu oft menschelt, aber wie sollte es auch anders sein!

Ja, es bringt uns Widerspruch ein, Gegenwind, wenn wir uns um Gottes Willen einmischen.

Wenn wir uns nicht einfach damit abfinden,

dass Geld die Welt regiert, dass das Fressen vor der Moral kommt, dass jeder sich selbst der Nächste ist und alles erlaubt ist, solange niemand widerspricht.

Jesus weiß, dass es uns leichter über die Lippen geht, von unseren politischen Überzeugungen zu reden als von unserem Glauben.

Er weiß, dass wir weitaus leichter über die Fußballergebnisse oder die neuesten Sonderangebote zu reden als über unseren Glauben an ihn.

Deshalb ist seine Ermunterung heute nötig:

Du bist dran!

Mach Deinen Mund auf!

Denk an das Ende!

Wenn wir nicht zu dem stehen, der unsere Seele berührt, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, werden wir unsere Seligkeit verlieren.

Jesus macht uns klar: Du hast die Wahl, dich vor den Menschen zu fürchten oder Gott Ehrfurcht zu erweisen und damit die Kraft des Lebens auf deiner Seite zu haben, die Macht, die den Tod besiegt hat und Dir die Schuld vergibt.

Gott oder Welt?

Was ist dir letztendlich wichtig?

Sand oder Fels?

Worauf baust Du dein Leben?

Jesus erinnert uns daran, wer das letzte, das einzig gültige, das endgültige Wort über unser Leben spricht.

Es sind nicht die Menschen.

Alle menschlichen Urteile sind vorletzte Urteile, ob sie nun gut oder schlecht ausfallen.

Sie werden überholt, außer Kraft gesetzt, unwichtig - gleichgültig, ob sie uns geschmeichelt haben oder ob sie uns mit Angst erfüllt haben.

Am Ende zählen diese Urteile nicht mehr.

Am Ende zählt nur noch ein Urteil, das keine menschliche Instanz spricht, gilt nur noch das eine Wort, das Gott spricht.

Sei getrost und unverzagt! Fürchte dich nicht

Das letzte Wort über unser Leben hat Gott.

Es ist das JA, das uns in der Taufe zugesagt ist;
das JA, das Jesus am Kreuz für uns erlitten hat;
das JA, auf das er sich hat festnageln lassen;
Gottes JA hat einen Namen: Jesus Christus.
Er ist das JA, das wir bezeugen mit unseren oft schwachen Worten und unserem oft armseligen Tun.
Wir sind dran!

Ja, ich kann nicht anders. Dazu helfe mir Gott!

Amen.

Der Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.